*Mut braucht man da wo Angst ist*

Im Leben geht es oftmals um Mut. Man muss sich beweisen, für das stehen, was man darstellt und fühlt. Singles müssen stets den Mut aufbringen, die Dinge alleine und trotzdem erfolgreich und überzeugt zu bewältigen. Sie müssen den Mut haben, alleine zu sein und sich trotzdem vollkommen vollständig zu fühlen. Und jeden Tag gilt es, sich aufs Neue der Welt gegenüber zu stellen und zu sagen: „Das bin ich und ich bin vollständig. Mir fehlt nichts.“
Auch im Job ist es oft wichtig und entscheidend, entschlossen aufzutreten und auch mal den Mut zu haben, „Nein“ zu sagen, wenn die Forderungen des Chefs zu weit gehen oder ein Gehalt zu fordern, was der eigenen Leistung auch entspricht.
Doch gilt es in einer Beziehung nicht auch Mut zu beweisen? Wenn man eine Beziehung führt, hat man den Mut gehabt, jemanden in sein Leben zu lassen und einen Teil von sich an den Partner abzugeben. Man wird, wenn auch vollkommen freiwillig, besessen und der Partner hat Rechte an der eigenen Person. Es ist wie ein still geschlossener Vertrag, den beide Partner stets vor Augen haben. Doch sollte dieser Vertrag eine Klausel enthalten, die beiden Partnern ihre Freiheiten zuspricht und Bedingung gelten muss. Allgemeine Geschäftsbedingungen darüber, wie weit der Partner Einfluss auf die eigenen Entscheidungen nehmen darf. Darf mitbestimmt werden über Entscheidungen, die den Job betreffen? Das Aussehen? Den Freundeskreis? Eine moderne Partnerschaft darf natürlich niemals in vollkommener Selbstaufgabe enden - doch es erfordert auch hier Mut und Überwindung, den Bob trotzdem zu schneiden oder die höhere Position im Job dennoch anzunehmen, auch wenn der Partner damit aneckt.
Darf man den Mut haben, auf gewisse Freiheiten zu bestehen und einige zurück zu fordern oder wäre das ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen, die Bestandteil des Partnerschaftsvertrags? Wer darf Notar sein?
Es ist doch so, dass man in Beziehungen indirekt dazu verpflichtet ist, den Partner stets am Leben teilhaben zu lassen und da man den Partner liebt, ist das ja auch erst mal nicht problematisch. Nur, was, wenn einem das Gefühl gegeben wird, sich rechtfertigen zu müssen, sobald der Partner mal nicht direkt teilhaben soll? Man beginnt nach Ausreden zu suchen, lügt und erfindet Dinge, bloß um sich dafür zu rechtfertigen, sich mal wieder vollständig zu besitzen, mal wieder ganz sich selbst zu gehören und mit sich Zeit zu verbringen. Dass manch einer dieses Verlangen hat, heißt keineswegs ein Nachlassen der Gefühle oder eine Flucht aus der Beziehung. Doch wieso verliert man in einer Partnerschaft allzu schnell den Mut, zu sagen: „Das bin ich und ich bin vollständig. Mir fehlt nichts“?
Ich meide am liebsten Diskussionen mit dem Partner und bei vielen Dingen gebe ich lieber nach, bevor es eskaliert. Das rührt auch aus der Angst heraus, den Partner durch eine „falsche“ Entscheidung womöglich zu verletzen oder gar zu verlieren. Solche Situationen sind unangenehm und niemand erlebt so etwas gerne, aber manchmal muss man den Mut haben, genau diese Ängste zu überwinden. Die Angst, den Partner zu verletzen oder zu verlieren, darf die Gefahr vor dem Verlust des eigenen Ichs nicht übertönen und falls doch, muss man all seinen Mut zusammen nehmen und sich seinen eigenen Ängsten stellen. Mut kann nur bewiesen werden, wenn man auf seine Ängste trifft. Eine Partnerschaft bedeutet sich für den Partner, aber nicht gegen sich selbst zu entscheiden. Also muss man einfach ab und an den Mut haben, zu sagen: „Das ist mein Leben. Und so bin ich vollständig.“