Freitag, 31. Oktober 2014
Stille Post(ings)
"Ja und dann hat mich letztens noch die angesprochen, wo du da mit dem warst", erzählte meine Mutter letztens so nebenbei beim Kaffee, "Die hat das wohl von der gehört-du weißt schon: die, mit der du mal befreundet warst". Ja, jetzt war mir alles klar und vieles noch unklarer. Besagte Person, die mit besagter anderer Person über ein Ereignis in MEINEM Leben gesprochen hatte, spricht aufgrund irgendwelcher, unausgesprochener Worte seit gut zwei Jahren kein Wort mehr mit mir."Nicht-Miteinander-Sprechen" schließt allerdings wohl "ÜBEREINANDER sprechen" nicht aus. Wenn ich ehrlich bin, hab ich nicht mal wahrgenommen, dass diese Person mein Leben wohl weiterhin verfolgt hat, das ich in regelmäßigen Abständen durchaus auch mit allen anderen teile. Während man früher die Tür zumachte und alles Private wirklich in den eigenen, vier Wänden geblieben ist, sind diese Wände seit der Internetwelle in die privaten Haushalte durchaus dünner und gläsern geworden. Die sozialen Netzwerke basieren auf dem medialen Mauerfall und wachsen daran. Es wurde fortan alles nackt nach außen getragen. Was in den 90ern noch von Caroline von Monaco bis zum Bundesverfassungsgericht hochgeklagt worden war, nämlich das Recht auf Privatsphäre, haben wir alle seit der Geburt von Facebook, Twitter und Instagram ad absurdum geführt. Waren bei dem schrecklichen Unfall von Prinzessin Diana, um nur einen prägnanten Vorfall zu nennen, noch die Paparazzi diejenigen, auf die man mit dem Finger gezeigt hatte, werden soziale Netzwerke heute von Selfies überschwemmt, bei denen wir selbst den Finger am Auslöser haben. Noch absurder wurde es dann mit den Möglichkeiten, die Menschen, mit denen man online verbunden war, in Kategorien aufzuteilen, um bestimmte Dinge nicht mehr oder nur teilweise mit ihnen zu teilen. Das Mitteilen kann also eingeteilt werden. Zuviel Teilen? Ich war schon immer schlecht in Bruchrechnung! Dies führte dann ja auch wirklich zu solch bizarren Auswüchsen, wie einem Mann mit 5 Ehefrauen, 9 Verlobten und 14 Freundinnen, die sich ihn teilten, ohne, dass er es den Frauen mitteilte.
So kann man also mit wenigen Mausklicken entscheiden, was man mit wem teilen möchte, doch man kann so einfach leider nicht bestimmen, wer mit wem über die eigene Person spricht und schon gar nicht, was. Ich habe keine Kategorisierungen getroffen, weil ich nach meiner Auffassung nichts zu verheimlichen habe und zu allem stehe, was ich mit anderen teile. Allerdings würde ich es schön finden, wenn man sich mir mal öfters mitteilen würde. Wieso gehen die Menschen mit sich selbst so offen um, wenn sie über andere nur hinter vorgehaltener Hand sprechen? Haben wir aus den vielen Versuchen, bei "Stille Post" am Ende das richtige zu verstehen, nichts gelernt? Bei Post-ings steckt ja auch immer ein bisschen "Stille Post" mit drin. Es ist eine Weitergabe vom eigenen Erleben an die sozialen Netzwerke und vielleicht sollte man sich angewöhnen, immer den Postenden selbst noch mal zu fragen, bevor man den Nachbarn fragt, der es auch schon nicht mehr ganz genau verstanden hat.