Wenn es Samstag ist und es dunkel wird, trennen einen als Frau nur ein paar Stunden und drei gute Feen Namens „Mascara“, „High Heels“ und „Lipgloss“, um von der wochentäglichen Cinderella zur Wochenendprinzessin zu werden. Da hat man sich die Woche über im Büro, im Fitnessstudio und beim Putzen gequält, sich noch tapfer durch den Samstagseinkauf geschlagen, um dann verwandelt in ein Taxi zu steigen und Richtung Innenstadt zu fahren. Dort, wo sich wie ein glänzendes Schloss, die Skyline der Main-Metropole erhebt, gibt es keinen Alltag. Mit dem Untergang der Sonne hinter den Brücken des Mains, finden sich Playboys und Bunnies, Dandys und Diven, Sugar Daddys und Babes zusammen. Umgeben von edlen Ledersofas, dunklen Holzmöbeln, von glänzenden Gläsern und glitzernden Leuchtern genießt man bei Champagner und Kaviarhäppchen die Klänge, die der DJ zaubert und die Komplimente, die verzaubern. Die Kostümierung aller Beteiligten ist perfekt: die Männer schmücken sich mit den firmeneigenen Kreditkarten, die Frauen mit einem falschen Lachen. Es wird getanzt und geküsst zwischen gespiegelten Wänden, die das zeigen was sie sehen, aber lange nicht die Wahrheit. Es ist wie auf einem Ball und wir Frauen suchen den einen Prinzen zwischen den restlichen Hofnarren. Doch je tiefer die Nacht, desto mehr Narren scheint es zu geben, desto lauter wirkt der Proll und Protz und schließlich kommt der Punkt, an dem Cinderella den Ball verlassen muss. Man verliert einen Schuh oder die Gaderobenmarke und steigt zurück in die Kürbiskutsche- Verzeihung- in das Taxi. Die Fahrt geht durch die rötlichen Lichter des Bahnhofsviertels, in dem sich der Kavier und der Champagner morgens bei Sonnenaufgang in Döner und Ayran verwandelt und ehe man sich versieht, betritt man wieder die kleine, unglamouröse Wohnung, in der man seit Studententagen lebt. Man stülpt sich das Kleid über den Kopf und schläft sich aus, denn es ist Sonntag und spätestens beim nächsten Blick in die Zukunft sieht man die Wahrheit.
Aber Märchen sind dafür da, unterhaltsam und lehrreich zu sein, nicht um geglaubt zu werden und so lieben wir Frauen es doch, uns immer wieder von Cinderella in eine Prinzessin zu verwandeln und um eine Prinzessin zu sein, braucht man heutzutage zum Glück auch keinen Prinzen mehr.
Wenn ich in meinen Texten von "wir Frauen" spreche, möchte ich in diesem Moment natürlich nur diejenigen ansprechen, die sich auch angesprochen fühlen möchten.
Liebe Grüße
Alice Gatsby